Sarah

Sarah haben wir mit ca. 12 Wochen aus einem Tierheim. Sie war sozusagen eine Überraschung für meinen Mann, der sich schon lange eine Katze wünschte, in seinem Elternhaus aber nie eine halten durfte. So telefonierte ich eines Tages herum und meldete uns im Mühlheimer Tierheim an.

Zu Hause angekommen erkundete Sarah zunächst das Kinderzimmer und spielte mit den herumliegenden Bauklötzen. Nach einiger Zeit des Spielens und Erkundens schlief sie sichtlich erschöpft im Bett meiner damals 3 jährigen Tochter ein und diese strahlte.

Sarah lebte sich völlig unproblematisch ein, hatte vor nichts Angst, spielte mit Kind und Hund und lag abends nuckelnd und tretelnd auf unserem Schoß.

2 Jahre später zog Babykater Tim bei uns ein und Sarah zeigte sich recht zickig. Es dauerte aber nicht sehr lang und die Beiden wurden die besten Freunde. Allen weiteren Neuankömmlingen zeigte sie sich zunächst ebenfalls zickig. Ihr Selbstbewusstsein war manchmal etwas unheimlich. Bekamen wir z.B. Besuch von meiner Schwägerin mit großem Hund, so kam Sarah angeschlendert, beschnupperte den Hund und forderte ihn zum spielen auf. So tobten und jagten beide dann durch die Wohnung. Unter ihrem Selbstbewusstsein hatte oft auch unser Dackel Zorro zu leiden. Lag dieser in seinem Körbchen und Sarah fiel ein, dass SIE nun aber gern darin liegen würde, nervte sie erst Zorro mit quengeligem Herumschleichen und pföteln. Half das nicht, wurde sie rabiat und prügelte den Hund aus seinem Korb und dieser ließ sich das auch noch gefallen.  

Sarahs Leidenschaft Kabel anzuknabbern wurde ihr eines Tages fast zum Verhängnis. Obwohl fast alle Kabel in Kabeltunneln versteckt waren, wir so gut wie möglich alles abgesichert hatten, knabberte Sarah als sie etwa 1 Jahr alt war das Telefonkabel, besser gesagt das Spiralkabel was vom Hörer abgeht an (damals gab es noch keine schnurlosen). Das Stück Kabel verhakte sich, Sarah erbrach sich, aber da das Kabel am Darm wie ein Anker hing, riss sie sich durch das Würgen den Darm regelrecht auf. Die Folge war eine aufwendige OP und 1 Woche Klinikaufenthalt. Als wir Sarah nach dieser Woche endlich abholen durften, bereitete der Tierarzt uns vorsorglich auf ihren Anblick vor, als ich sie dann aber tatsächlich sah, brach ich in Tränen aus. Zu Hause erholte Sarah sich erstaunlich schnell und es blieben keine Folgeschäden. In den folgenden Jahren erfreute sie sich dann bis auf ein paar Zahnwehwehchen bester Gesundheit.  

Neben fressen war Sarahs große Leidenschaft Besuch zu empfangen. Während die anderen Katzen sich dann eher zurückhaltend verhielten, stürzte Sarah sich regelrecht auf die Leute. Dabei spielte es keine Rolle ob es Vertraute waren, der öfter vorbei kommende Handwerker oder gar völlig fremde Personen - egal - MEIN Besuch. Ihr Opfer wurde dann belagert, ihr Kopf kramte solang bis sie ihn unter den Achselhöhlen stecken konnte, auf der Rückenlehne sitzend konnte sie prima dem Besucher eine neue Frisur verpassen (ich demjenigen anschließend Kamm + Spiegel *g* ). Sie räkelte sich genüsslich, ließ sich durchkraulen und hat niemals einen IHRER Besucher gekratzt – ja bis auf meine Schwägerin J. Sie bemühte sich wirklich sehr um Sarah, begrüßte sie, gab ihr stets ein Leckerchen, was Sarah natürlich gern verspeiste, um flugs darauf J. eine zu knallen, mit ausgefahrenen Krallen versteht sich. Schon eigenartig das diese ausgesprochene Besucherkatze auf J., die ihr ja nie etwas zu Leide getan hat, so reagierte.  

So pflegeleicht Sarah war, Autofahren war die Hölle. Besonders ohrenbetäubend verkündete sie ihren Unmut, sobald man schneller als 50km/h fuhr. Wer fährt aber schon als wandelndes Verkehrshindernis mit Tempo 30 zum 10 km entfernten Tierarzt? Also blieb uns nur tapfer durchzuhalten oder Ohropax zu verwenden.  

Als Sarah 13 J. war starb ihr bester Kumpel Tim und Sarah bekam nach seinem Tod einen regelrechten Altersknacks. Tim fehlte ihr sehr. Mit 15 Jahren erblindete unser Omi, fand sich aber erstaunlich gut zurecht. Sie bewegte sich so sicher durch die Wohnung, dass niemand der es nicht wusste bemerkt hätte, dass die Katze nichts mehr sieht. Sie stieß höchstens mal irgendwo an, wenn sie sich erschreckte und wegrennen wollte. Ein Jahr später bekam Sarah Wasser im Bauch, trotz Behandlungsversuche füllte sich ihr Leibesumfang beträchtlich. Aber Sarah gab nicht auf. Da sie mit dem dicken Bauch schlecht aufs Sofa oder ins Bett kam, stellten wir für sie kleine Kisten auf, mit deren Hilfe sie leicht ihr Ziel erreichte. Trotz der Krankheit nahm Sarah noch am Leben teil, kam freudig sobald sich die Kühlschranktür öffnete. Doch ihr Bauch wurde immer dicker, selbst die Vorderpfoten wurden dick. Es wurde Zeit sie zu erlösen, ich wollte nicht mehr warten bis es gar nichts Erfreuliches mehr in ihrem Leben gab. Für ihre letzte Autofahrt besorgte ich eine Beruhigungstablette, so dass ich Sarah nicht einmal im Korb transportieren musste, sonder sie auf meinen Armen zum Auto trug. Während mein Mann den Wagen lenkte, lag sie ganz friedlich in meinen Armen. Auch beim Tierarzt war die Atmosphäre ruhig und entspannt. In meinen Armen liegend bekam sie die erlösende Spritze und streichelnde Hände begleiteten ihre letzten Atemzüge.

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